Jedes Unternehmen mit Sitz in der EU, das Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse importiert, einsetzt oder verkauft, fällt in irgendeiner Weise unter REACH. Viele Firmen können mehrere Rollen gleichzeitig einnehmen. So kann ein und derselbe Betrieb gleichzeitig Importeur, Hersteller und sogenannter „nachgeschalteter Anwender“ (downstream user) sein.
Nachgeschaltete Anwender Unternehmen, welches Chemikalien im weitesten Sinne einsetzt aber nicht herstellt. Nachgeschaltete Anwender sind beispielsweise metallverarbeitende Betriebe, Handwerker, Kunststoffindustrie, Papierhersteller, Kraftwerksbetreiber, Galvanikbetriebe, Härtereien, Beizereien, Automobilindustrie und so weiter. Mit der Bezeichnung „nachgeschaltete Anwender“ sollen alle gewerblichen Anwender von Chemikalien im weitesten Sinne bezeichnet werden.
Eine besondere Stellung in der Gruppe der nachgeschalteten Anwender nehmen die Formulierer ein. Diese mischen verschiedene Stoffe auf rein physikalischem Wege zusammen. Beispiele sind Lackhersteller, Hersteller von Seifen, Kühlschmierstoffen und anderen sogenannten Zubereitungen.
Nicht besonders erwähnt in REACH, aber dennoch mit einer besonderen Rolle versehen, sind Händler. Dies können Papierhändler, Geschenkartikelhändler, Industriebedarfshändler, Stahlhändler und andere sein. Sie sind alle von REACH betroffen.
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Die erste Pflicht unter REACH für alle Betroffenen, vor allem aber nachgeschaltete Anwender und Händler ist die Erstellung eines Stoffinventars. Dieser sollte ausführlich genug sein, um darauf aufbauend Entscheidungen treffen zu können. Ausgangspunkt kann das Gefahrstoffkataster sein, nur muss dieses Stoffinventar sehr viel ausführlicher gestaltet sein. Unverzichtbar ist die genaue Detaillierung pro Stoff. Wichtig ist, dass dieses Stoffinventar bis Mitte 2008 fertig ist. Wer sich damit nicht genau auskennt, sollte externe Hilfe in Anspruch nehmen.
Darauf aufbauend sollte die Entscheidung – spätestens bis zum dritten Quartal 2008 – getroffen werden, ob eine Vorregistrierung durchgeführt werden soll oder nicht. Bedenken Sie, dass eine Vorregistrierung kostenfrei ist und zu keinen weiteren Aktivitäten verpflichtet. Haben Sie als nachgeschalteter Anwender, Händler, Hersteller oder Importeur einen registrierungspflichtigen Stoff nicht vorregistrieren lassen, so verlieren Sie alle Vorzüge der phase-in-Stoffe, nämlich eine Fristverlängerung, die teilweise bis zum Jahre 2018 reichen kann. Sie müssen dann sofort ein umfangreiches Registrierungsdossier vorlegen oder die Produktion beziehungsweise die Verwendung einstellen. Da Vieles bei REACH öffentlich im Internet verfügbar ist, wird die Beobachtung des Wettbewerbs hier sicher eine Rolle spielen.
Registrierungspflichtig sind wohlgemerkt Stoffe und nicht Zubereitungen oder Erzeugnisse. Lacke, Klebstoffe, Kühlschmierstoffe sind Zubereitungen. Sie bestehen aus einer Reihe von verschiedenen Stoffen. Diese sind zu registrieren und nicht die Zubereitungen. Der berühmte Grenzwert von 1 Tonne pro Jahr und Firma gilt nicht für den Lack oder den Kühlschmierstoff als solchen, sondern für jeden darin enthaltenden einzelnen Stoff. Angenommen ein Kühlschmierstoff-Konzentrat enthalte Monoethanolamin, CAS-Nr. 141-43-5 in einer Konzentration von 3 % im Konzentrat. Dann wäre dieser Stoff beim Import aus dem Nicht-EU-Ausland registrierungspflichtig, wenn Sie das Kühlschmierstoff-Konzentrat in Mengen ab circa 33 Tonnen pro Jahr einkaufen.
Analoges gilt für Metalle. Nach REACH werden sie als chemische Elemente und somit als Stoffe angesehen und sind daher registrierungspflichtig. Legierungen als solche sind normalerweise nicht registrierungspflichtig, sondern nur die in den Legierungen enthaltenen Metalle. Sie sollten normalerweise als einzelne Stoffe registriert werden. In besonderen Fällen können sie auch als sogenannte multi-constituent substance registriert werden. Ähnliches gilt für Schmierstoffe wie Öle, Fette und andere. Die in diesen Zubereitungen enthaltenen Stoffe sind registrierungspflichtig, wenn sie phase-in-Stoffe sind und der Hersteller oder Importeur sie in Mengen über eine Jahrestonne herstellt oder importiert. Mit Hersteller oder Importeur ist nach REACH immer die entsprechende natürliche oder juristische Person gemeint; also die „legal entity“. Gezählt wird also nicht pro Firmengruppe, sondern pro Einzelfirma, also zum Beispiel pro ABC GmbH & Co.KG usw.. Wenn also in einer Firmengruppe jede Einzelfirma importiert oder herstellt, so gilt die Mengenschwelle von 1 Jahrestonne pro CAS-Nr. bzw. EINECS-Nr. für jede Einzelfirma.
Es gibt aber auch Ausnahmen von REACH. Stoffe, die unbeabsichtigt während des Gebrauchs beim gewerblichen Endanwender entstehen sie beispielsweise Reaktionsprodukte von Antioxidantien, die ja unweigerlich beim Kontakt mit oxidierenden Stoffen entstehen, müssen – entgegen der sonst vorherrschenden REACH-Philosophie – nicht registriert werden. Dies gilt auch für Neutralisationsmittel und ähnliche Reaktionsprodukte, die beim Kontakt mit Sauerstoff und anderen während der gewerblichen Anwendung entstehen. Nicht registrierungspflichtig sind darüber hinaus Stoffe der Anhänge IV und V sowie Fälle, die in den Artikel 2 und 16 beschrieben sind. So kommt es zu dem eigenartigen Fall, das Natriumchlorid, welches ohne Stoffumwandlung durch untertägigen Bergbau gewonnen wird, nicht registrierungspflichtig ist, aber das durch eine chemische Reaktion gewonnene und dann gereinigte NaCl registrierungspflichtig ist.
Wer Erzeugnisse herstellt oder importiert, hat nach REACH vor allem die Pflicht, nach SVHC-Stoffen (substances of very high concern) aus Anhang XIV sowie nach Beschränkungen aus Artikel 67 und Anhang XVII zu schauen. Die Substances of very high concern werden im Juli 2009 festgelegt. Bis dahin gibt es die sogenannte Kandidatenliste, die zur Zeit etwa 20 Stoffe umfasst. Bei den SVHC-Stoffen geht es nicht um Registrierung, sondern um Anmeldung. Hier kann es sein, dass die Anmeldung versagt wird. Aber bis dahin ist noch ein langer Weg. Dennoch sollte man sich früh genug um Alternativen kümmern. Darüber hinaus spielt bei Erzeugnissen, die im englischen Text Artikeln genannt werden, die Frage der Registrierung der Monomeren oder der No-longer-Polymeren (NLP) eine Rolle, sofern sie aus Polymeren, also Makromolekülen (Plastik) aufgebaut sind. Eine weitere Frage für Erzeugnishersteller oder -importeuere ist, ob bewusst Stoffe aus dem Erzeugnis freigesetzt werden. Wenn ein bewusst oder unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen freigesetzter Stoff in mehr als 1 Jahrestonne pro juristischer Person vorhanden ist, so muss dieser registriert werden. Da REACH auf das „Herstellen“ und nicht wie die Vorgänger-Rechtssysteme auf das „Vermarkten“ abzielt, werden nunmehr plötzlich auch alle nicht vermarkteten, aber hergestellten Stoffe registrierungspflichtig. Für diese Zwischenprodukte gelten jedoch glücklicherweise abgeschwächte Auflagen.
Stoffe in Zubereitungen können unter vielen Umständen ebenfalls registrierungspflichtig sein. Polymere, also Kunststoffe zum Beispiel sind nicht registrierungspflichtig – im Gegensatz zu den Ausgangsstoffen, den Monomeren und den sogenannten No-longer-Polymers, die unter dem Regime des früheren EU-Chemikalienrechts als Polymere galten, nun aber nicht mehr als solche angesehen werden. NLPs sind zum Beispiel einige Oligomere.
Ein weiteres Novum bei REACH ist die gemeinsame Verantwortung für den Stoff innerhalb der Lieferkette. Dazu muss man wissen, dass es künftig ein erweitertes Sicherheitsdatenblatt gibt. Ein nachgeschalter Anwender darf einen Stoff nur gemäß den Angaben des Formulierers im Sicherheitsdatenblatt verwenden. Falls die eigene Verwendung als nachgeschalteter Anwender dort nicht angegeben ist, so sollte der Formulierer die eigene Verwendung mit aufnehmen. Falls dies nicht möglich ist, muss der nachgeschaltete Anwender die Registrierung selber vornehmen. Auch dies ein Grund, mit dem Stoffinventar in Kürze zu beginnen.
Eine komplexe Aufgabe für Formulierer wird die Umsetzung der Expositionsszenarien für die verwendeten Stoffe in Verwendungs- und Expositionsszenarien für die Zubereitung oder das Erzeugnis sein.
Die Beschäftigung mir REACH kann einen Vorteil darstellen, wenn sie hilft, den Stoffhaushalt im Unternehmen besser zu planen und zu verschlanken und die cash-cows zu schützen, denn letzteres wird nicht allen Wettbewerbern weltweit gelingen. Insofern werden unter REACH viele Chemikalien vom Markt verschwinden.
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